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Ruhe in Frieden, Mubi

Mubarak Salami ist tot. Der 26-Jährige verstarb am Freitagabend (24.02.2023) in Folge eines Verkehrsunfalls auf der A7. Der gebürtige Hamburger war zuletzt in Diensten der Dragons Rhöndorf, spielte zuvor bei den SBB Baskets Wolmirstedt – vor allem aber in seiner Heimstadt beim ETV Hamburg. Der zweifache ProB-Topscorer hatte Hamburg erst im vergangenen Sommer verlassen. Zuvor hatte er stets höher dotierte Angebote abgelehnt, um sich um seine sechs Geschwistern zu kümmern, deren maßgebliche Bezugsperson er war. BIG spricht allen Hinterbliebenen – Familie, Freunden und Weggefährten – von Herzen Beileid aus. Möge Mubarak Salami in Frieden ruhen.

Für #BIG114 (01|2022) portraitierte Jan Finken vor knapp 12 Monaten einen Menschen, dessen Verlust weit über die Grenzen des Parketts hinaus geht. Wer wissen möchte, wer Mubarak Salami war, wird nachfolgend fündig. Wer die Familie, seine alleinerziehende Mutter sowie die sechs Geschwister, in dieser schwierigen Zeit unterstützen möchte, dem sei die Crowdfunding-Kampagne von ATHLEADZ und Robert Cardenas Ruda ans Herz gelegt.

 

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Mehr als ready für die 1. Liga

Mubarak Salami ist der Topscorer der ProB. Für den ETV HAMBURG erzielt er pro Spiel über 30 Punkte. Schon vergangene Saison gab es Angebote von Erstligisten für den 25-Jährigen, die er ablehnen musste. Nächstes Jahr soll sich das ändern.

Interview: Jan Finken | Foto: IMAGO.

Der deutsche Basketball lechzt nach Typen. Weil er Geschichten erzählen will. Hat er solche Typen gefunden, wird´s meist schwer. Eine coole Attitüde wäre schön, aber bitteschön nicht zu anstrengend soll der junge Mann sein. Sajmen Hauer, Misan Haldin (Nikagbatse), Christian Standhardinger, Malik Müller, Kostja Mushidi: Die Liste an hochtalentierten, extrovertierten und vermeintlich schwierigen Charakteren ist lang. Sie alle haben es in die BBL geschafft, freilich mit überschaubarer Verweildauer. Das haben die Genannten Mubarak Salami voraus. Noch voraus, denn es scheint keine Frage zu sein, dass der Shooting Guard des ETV Hamburg kommende Saison in der 1. Liga auftauchen wird. Seit zwei Jahren ist Salami von keinem Gegenspieler in der ProB zu stoppen. Aktuell legt er einen Schnitt von über 31 Punkten pro Partie auf, letzte Saison waren es 26 PpS. Und das, obwohl sich gegnerische Verteidigungsreihen längst auf den 25-Jährigen fokussieren, ihm bisweilen zwei oder drei Gegenspieler auf den Hals hetzen. Egal, Mubarak Salami findet immer einen Weg zu scoren: Meist dank seines starken Drives zum Korb, immer häufiger aber auch aus der Distanz. Seine Dreierquote liegt bei 31,6 Prozent – solide, aber ausbaufähig. An der Freiwurflinie (73 Prozent) lässt er ein paar Punkte liegen, und trotz seines Scorer-Gens verteilt er 4,9 Assists pro Partie. Aus dem Zweierbereich netzt er sehr gute 56 Prozent seiner Würfe ein, und das, obwohl gegnerische Teams dazu übergegangen sind, ihn extrem physisch zu verteidigen. Salami (über die Witze ob seines Nachnamens kann er nur noch gähnen) interessiert das nicht: 48 Punkte Ende November gegen Schwelm, 46 gegen LOK BERNAU am 4. Spieltag, 35 auswärts gegen Münster. In sieben von elf Spielen knackte Salami die 30-Punkte-Marke. Aber wie kann es sein, dass ein 25-Jähriger seit zwei Jahren die Defensivreihen gestandener ProB-Klubs auseinandernimmt, bei BBL-Klubs aber scheinbar unter dem Radar fliegt? „Es gab im letzten Sommer ein paar Angebote, auch von Erstligavereinen. Meine Mutter hatte zu dieser Zeit jedoch ein paar Probleme, ich musste ihr helfen“, erklärt er. Mubarak ist das älteste von sieben Geschwistern. „Zwischen acht und 18 Jahren ist alles dabei“, lacht Salami. Der Vater ist nicht mehr bei der Familie, sondern lebt und arbeitet als Ingenieur in München. Kontakt ist noch da, aber Mubarak ist der Mann im Haus und musste sich in den vergangenen Monaten vor allem und seine jüngeren Schwestern und Brüder kümmern. „Vergangenes Jahr stand meine Familie im Mittelpunkt, deswegen hatte ich mich entschieden, ein weiteres Jahr für den ETV zu spielen. Hier konnte ich am besten Basketball und Familie unter einen Hut kriegen.“ Der Klub ist die zweite Familie von Salami, hier spielt er, seitdem er 16 Jahre alt ist. „Vorher“ – und damit kommen wir zum zweiten Grund, warum Mubarak Salami nicht längst höherklassig spielt – „habe ich Basketball nicht so ernst genommen“, gibt der junge Mann mit der Rastafrisur zu. Salami war ein Streetballer, der auf den Freiplätzen Hamburgs unterwegs war. Seine Skills sind noch heute so unkonventionell wie damals auf Beton, doch den Sport nimmt er heute ernster. „Bei den Sharks Hamburg habe ich der NBBL erstmals organisierten Basketball gespielt.“ Auf Anhieb wurde der junge Mubarak bester Korbjäger der gesamten NBBL.

„Alles, was ich heute kann, habe ich Sükran zu verdanken. Sie hat mich entdeckt.“ Sükran Gencay wehrt direkt ab: „Spieler wie Mubarak muss man nicht entdecken, die machen irgendwann von alleine auf sich aufmerksam.“ Die 35-jährige Gencay ist ein von nur zwei weiblichen Headcoaches im deutschen Profibasketball, doch das ist eine andere Geschichte. Sie hat dem verspielten Teenager seinerzeit den Kopf geradegerückt und ihm gezeigt, was es heißt, professionell zu sein. „Menschen wie Mubarak werden schnell abgestempelt. Er hat seine Ecken und Kanten, er war viel in den Straßen Hamburgs unterwegs – das hat ihm früher wahrscheinlich nicht geholfen. Wenn man ihn aber kennenlernt, ist er ganz anders, als sein Äußeres suggeriert.“ Gencay ist bis jetzt Salamis einziger Coach geblieben, zusammen sind mit der Mannschaft des ETV von der Kreisliga bis in die ProB aufgestiegen. „Sükran ist wie eine große Schwester für mich. Sie hat mir alles beigebracht, was ich über Basketball weiß.“ Die Trainerin ist nach wie vor beeindruckt von Salamis Durchsetzungsvermögen auf dem Court: „Er hat nicht viele Moves, aber die, die er hat, sind nicht zu verteidigen. Noch mehr zeichnet ihn sein absoluter Willen aus. Viele sagen von sich, dass sie alles auf dem Court lassen; Mubarak ist einer der wenigen, bei denen das stimmt. Er hat vor keinem Gegner Angst.“ Glaubt sie, dass Salami das Potenzial für ganz oben hat? „Auf jeden Fall. Mubarak ist mehr als ready für die 1. Liga.“

Wenn man sich Salamis Statistiken anschaut, gibt man Gencay unumwunden recht. Kleiner Schönheitsfehler: Mubarak scort, Hamburg verliert. Zehn der ersten elf Saisonspiele hat der Eimsbütteler Verein verloren. Die vergangene Saison, der ersten für den ETV in der dritthöchsten Liga, hätte prompt mit dem direkten Abstieg geendet – die Corona-Situation bescherte dem Klub aber den Klassenerhalt am Grünen Tisch. In dieser Spielzeit geht es erwartungsgemäß wieder nur um den Klassenerhalt. Kleinster Etat der Liga, ein Kader ohne Ausländer, Verletzungspech, Quarantäne: Die Zeiten sind hart für den ETV. „Wenn man ganz ehrlich ist, gehören wir nicht in die ProB. Wir haben nicht die Strukturen und die Historie wie andere Zweitliga-Klubs“, gibt sich Sükran Gencay keinen Illusionen hin. Aber – und das weckt Gencays Kämpferherz – aufgeben ist keine Option. „Wir waren ein paar Mal knapp dran am Sieg. Meine Mannschaft hat Charakter, wir werden weiterkämpfen.“ Mubakrak Salami marschiert dabei vorneweg, wobei schon jetzt klar scheint, dass sich Sükran Gencay kommende Saison einen anderen Go-to-Guy – und kleinen Bruder – suchen muss. Mubarak Salami: „Wären im vergangen Jahr nicht die Probleme bei meiner Familie dazwischen gekommen.. wer weiß, wo ich jetzt schon wäre. In der kommenden Saison werde ich aber definitiv angreife

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