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„Spieler dürfen Fehler machen“

Wenn der FC Bayern am Donnerstag auf Real Madrid trifft (20.30 Uhr, live bei MagentaSport), trifft Pablo Laso auf seinen EX-Klub. In der BIG Interview-Ausgabe spricht der Baske über seine Zeit bei Real und seine Pläne in München

Interview: Robert Heusel

Señor Laso, sind Sie geduldig?
Mittlerweile würde ich behaupten: Ja, oder ich lerne es zumindest! Als Spieler war ich es definitiv nicht. Als Coach muss man ja fast geduldig sein, denn man kann nicht auf alles, was passiert, sofort reagieren. Nehmen wir ein Beispiel: Dein bester Spieler verletzt sich und fällt lange aus. Da kann man nicht einfach den Kopf in den Sand stecken und irgendwelche Schnellschüsse tätigen. Am Ende des Tages ist Basketball ein Prozess, in dem viele Dinge eine Rolle spielen: Spieler, Verletzungen, Spielpläne, Reisen. Wenn du da nicht geduldig bist und sorgfältig abwägst, wirst du keinen Erfolg haben.

Geduld ist aber nicht nur im sportlichen Bereich gefragt. Auch für Sie persönlich dürfte Geduld wichtig sein, denn Sie coachen erstmals außerhalb Spaniens und müssen sich im winterlichen Deutschland einleben.
Auch ich muss mich anpassen, was nicht von heute auf morgen geht. Ich bin in einem neuen Land, höre eine neue Sprache, lebe in einer anderen Kultur. Wenn ich sage, dass nach dem Mittag erst mal Siesta angesagt ist, werde ich hier nur komisch angeschaut. Dazu bin ich bei einem neuen Verein, habe ein für mich komplett neues Team und spiele in einer Liga, die ich noch nicht so gut kenne. Oft muss ich meinen Co-Trainer Demond Greene fragen, wie man den einen oder anderen gegnerischen Spieler ausspricht. In der ACB war das anders, dort habe ich aber auch viele, viele Jahre gearbeitet. Auf der anderen Seite müssen sich die Spieler auch an mich anpassen, mich kennenlernen. Auch hier passt das Wort Geduld sehr gut. Es braucht einfach Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen.

Sprechen wir über Basketball, denn es scheint, als würden Sie beim FC Bayern einen anderen Stil implementieren als Ihr Vorgänger, Andrea Trinchieri. Wie schwierig ist das, wenn man kaum Zeit zum Trainieren hat?
Jeder Trainer der Welt sagt: Ich brauche Zeit, um meine Ideen umzusetzen. Das klingt gut, aber wenn das zu lange dauert und du zu viele Spiele verlierst, wirst du rausgeworfen. Ich folge in München auf einen großartigen Coach. Andrea hat eine klare Vorstellung vom Spiel, aber ich habe eben auch meine Ideen, die vielleicht etwas anders sind. Deswegen wurde das Team auf den Guard-Positionen und unter dem Korb auch verändert. Der Kern in der Mitte, die Positionen zwei, drei und vier, sind weitgehend gleich geblieben. Naturgemäß laufen viele Aktionen aber über die Spielmacher, bei uns Bolmaro, Francisco und Edwards, sowie die Big Men Booker und Ibaka. Diese Spieler sind aber alle neu, weshalb man hier schon neue Impulse setzen kann. Genauso versuche ich aber auch, gute Gewohnheiten, die der Kern des Teams bereits hat, beizubehalten und auf die Neuzugänge zu übertragen.

Alle Beteiligten unter einen Hut bringen.
Das ist die Aufgabe eines Coaches! Letzten Sommer traf ich mich mit den Agenten von Xabi Alonso in Madrid, bevor er bei Bayer Leverkusen unterschrieben hat. Es gab schon eine gewisse Skepsis, weil Leverkusen nicht zu den absoluten Top-Mannschaften der Bundesliga gehörte. Es war nicht so, dass Xabi dort angekommen ist und Leverkusen auf einmal jedes Spiel gewonnen hat. Aber er hat die Zeit bekommen, die es braucht, um seine Ideen einzubringen und umzusetzen. Jetzt stehen sie an der Spitze der Fußball-Bundesliga. Diese Geduld und dieses Vertrauen brauchen wir auch im Basketball: Pablo Laso kommt nicht nach München und gewinnt sofort jedes Spiel. Man muss sich den Gegebenheiten anpassen, sich mit Problemen auseinandersetzen und kontinuierlich arbeiten, dann wird der Erfolg kommen. Das ist umso schwieriger, wenn man – wie viele Trainer – Gedanken wie „Oh Gott, hoffentlich verlieren wir nicht das Spiel am Sonntag“ im Nacken sitzen hat. Aber so ist das Business, damit muss man umgehen.

Wie sieht der Stil aus, den Sie anstreben?
Normalerweise mag ich es, schnell zu spielen. Basketball ist nicht Angriff oder Verteidigung, Basketball lebt von der Transition. Wenn ich großartig verteidige, mir den Rebound aber nicht sichere, bringt mich das nicht weiter, weil der Gegner die ganze Zeit den Ball hat. Klar, auch ich will eine solide Verteidigung sehen, die das Fundament darstellt. Hier müssen wir ansetzen, denn Andrea war ein Meister der Switch-Verteidigung, was das klare Hauptkonzept in der Defense war. Für mich ist es das nicht. Für mich ist der Switch ein Teil der Verteidigung, aber nicht alles. Ich weiß, dass aktuell sehr viel über Pick’n‘Roll-Defense gesprochen wird, aber was mache ich, wenn der Ball im Post ist? Was, wenn ein Spieler über die Baseline cuttet? Ich will mein Team auf all diese Situationen vorbereiten und besonders auf die Spieler eingehen, die ich habe. Ein Beispiel: Edy Tavares (Laso coachte Tavares in Madrid; die Red.). Wenn ich ihn Hedge-Defense spielen lasse, ist das nicht sehr smart, weil er in Brettnähe dominiert. Darum muss ich mit ihm auf dem Feld defensiv so rotieren, dass er möglichst immer wieder unter den Korb kommt, um seine Stärken auszuspielen.

Pablo Laso
geboren am 13. Oktober 1967 in Vitoria-Gasteiz. Gewann in seine
r 19-jährigen Profikarriere als Spieler unter anderem den Europapokal der Pokalsieger und einen MVP-Titel. Ist seit 2003 Trainer, bis zu seinem Wechsel nach München (2023) ausschließlich in Spanien. Laso trainierte von 2011 bis 2022 Real Madrid. Er gewann mit den Königlichen zweimal die EuroLeague und wurde sowohl in der spanischen Liga (viermal) als auch in der EuroLeague (zweimal) als Trainer des Jahres ausgezeichnet.

Die BIG Interview-Ausgabe ist ab diesem Wochenende bei den Abonnenten und ab Dienstag, den 19. Dezember am Kiosk erhältlich. Vorbestellungen sind hier möglich. 

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