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Made in Germany

Was der WM-Titel uns lehrt und warum er keine Sensation, sondern vielmehr das Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung ist.

TEXT: MARTIN FÜNKELE

Jetzt also Weltmeister. Das erste Mal überhaupt, der größte Erfolg einer deutschen Basketball-Nationalmannschaft ever. 30 Jahre nach der Sensation von München, als Chris Welp an der Freiwurflinie die Nerven behielt, gewinnt Deutschland also wieder die Goldmedaille. Man kann den Rahmen gar nicht groß genug aufziehen, um zu verdeutlichen, was das für eine außergewöhnliche Leistung ist. Deutschland ist Weltmeister, zuletzt konnten deutsche Fußballer (2014) oder deutsche Handballer (2007) das von sich sagen. Abgesehen vom Feldhockey (amtierender Weltmeister), gibt es in keiner anderen Spielsportart deutsche Weltmeister. Jetzt also die Basketballer.

Um zu erklären, was da in Manila mit dieser Mannschaft passiert ist, und was das bedeutet, muss man das Brennglas nicht ganz so groß stellen – die vergangenen vier Jahre reichen aus, um die Entwicklungen zu skizzieren. Wobei, einen Schritt weiter zurück würde ich doch gehen wollen. 2016, EM-Qualifikation in Naesved: Deutschland verliert gegen die Dänen. Einer der fünf Weltmeister, die damals schon für Deutschland spielten, ist Jo Voigtmann. Der sagt später: „Da lag die Basketball-Nation am Boden und alle haben auf uns eingehauen.“ Als Voigtmann sich an diese Schmach erinnert, steht er in Split. In Kroatien qualifizierte Deutschland sich für die Olympischen Spiele, wo das Team 2021 Achter wurde. Dann die EM 2022 (Dritter) und nun der Weltmeister-Titel.

Der Kern der Mannschaft hat also einen langen Weg hinter sich, der 2019 (WM in China, 18.) eine dramatische Wendung nahm. Als „das beste Team, das Deutschland je hatte“ (der damalige Bundestrainer Henrik Rödl im „Spiegel“) angereist, zerbricht die junge Truppe an den hohen Erwartungen und internen Fehden. „2019 haben wir im Hinterkopf, das ist Warnung und Antrieb zugleich. Jeder Spieler hat eine sehr große Verantwortung für das Team“, hatte Andreas Obst zu Beginn dieses Sommers gesagt – und damit den Rahmen gesteckt, innerhalb dessen sich die Mannschaft bewegt. Immerhin sieben Weltmeister von heute waren schon 2019 dabei.

Jetzt also Weltmeister. Kommt das so überraschend? Ja und nein. Wer mit den Spielern vor dem Turnier sprach – und wer dazu keine Möglichkeit hatte, kann das in der empfehlenswerten Doku „Ein Sommer“ auf YouTube nachholen – hat gemerkt, dass diese zwölf Männer auf einer Mission waren. Und diese Mission hieß, Gold zu gewinnen. Nicht nur den Bronze-Sommer von 2022 zu verlängern, sondern den ganzen Weg zu gehen. Diese Qualität war es, mit der uns diese Mannschaft wohl am meisten inspiriert und überrascht hat. Ein deutsches Basketball-Team, das so gut ist, dass es von sich überzeugt ist, Weltmeister werden zu können, gab es in diesem Land noch nie.

Und das ist es dann auch, was hängebleiben wird von diesen knapp drei Wochen, die durch Zeitverschiebung und räumliche Distanz etwas von einem Paralleluniversum hatten: Die Basketball-Nationalmannschaft hat ihren Fans und ihrer Community bewiesen, dass die Almänner es drauf haben, dass „Made in Germany“ ein Label ist, das für basketballerische Qualität steht. Nicht für das überbordende Talent – das auch – aber noch mehr für die Bereitschaft, sich einer Sache zu verschreiben, Opfer zu bringen, sein Ding durchzuziehen, auch wenn es mal tough wird. Dennis Schröder, den ich oft nicht verstanden habe, macht das mit seiner kompromisslosen Art zu führen genauso vor wie ein Jo Voigtmann, der nicht vergessen hat, warum 2016 viele über den deutschen Basketball lachten, oder ein Andi Obst, den Prototyp einer deutschen Basketball-Karriere.

Wenn wir also durch sind mit dem Jubel, der Euphorie und der Begeisterung, sollten wir eine Erkenntnis von dieser Weltmeisterschaft verinnerlichen: Deutsche Jungs bringen‘s. Das legt mir hoffentlich niemand als nationalistischen Spruch aus, denn darum geht es mir natürlich nicht. Vielmehr könnte dieser Weltmeistertitel dazu beitragen, dass wir im deutschen Basketball damit aufhören, uns kleiner zu machen, als wir sind. Im Selbstverständnis genauso wie im Vertrauen, da wir deutschen Spielern entgegenbringen: Sie können spielen, sie können sich durchsetzen. Sie sind Weltmeister.

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