Am Freitag wurde Geschichte in der EuroLeague geschrieben. Real Madrid besiegte Anadolu Efes Istanbul nach vierfacher Verlängerung. Nie zuvor ging eine Partie in der europäischen Königsklasse überhaupt nur in die dritte Overtime. Erstmalig spielten zudem zwei Spieler einer Mannschaft mehr als 50 Minuten: Shane Larkin – sowie der Kölner Tibor Pleiß.
Mit ihm sowie seinem Mitspieler Justus Hollatz, der in Madrid verletzt fehlte, hat sich BIG-Autor Rupert Fabig im November in Istanbul zum Interview getroffen. Beim deutschen Duo blieb es nicht. Auch Ismet Akpinar, derzeit bei Galatasaray beschäftigt, gesellte sich dazu, um über die Stadt der Superlative und das Leben dort zu sprechen.
Interview: Rupert Fabig
Ihr spielt zu Saisonbeginn vor allem in der EuroLeague sehr wenig. Überwiegt für euch da der Druck oder der Frust?
Pleiß: Also planmäßig ist das definitiv nicht. Ich bin normalerweise jemand, der sehr viele happy Vibes verbreitet. Momentan fällt mir das schwer. Basketball ist für mich immer noch der Mittelpunkt. Ich habe auch keine Freundin, sondern lebe für den Basketball, für mich geht die Stimmung damit hoch oder runter. Ich schlafe, esse und lebe dementsprechend, um bereit zu sein. Seit fünf Jahren kenne ich hier meine Position, wusste, was ich zu erwarten habe, daher ist es gerade schwierig. Aber es gehört zum Business dazu. Und dann gibt es natürlich noch solche Situationen, in denen ich frei unter dem Korb stehe, und Justus passt mir den Ball einfach nicht …
Hollatz: Um dir da zu vertrauen, muss ich einfach mehr von dir sehen.
Pleiß: Du musst schauen und glauben.
(Dies ist ein Efes-Insider, da Trainer Erdem Can gefühlt jede zweite Ansage mit dem Mantra „Watch and believe“ beendet, worüber sich die Spieler schnell zu amüsieren begannen.)
Hollatz: Amazing.
(Auch das sagt Can ständig.)
Pleiß: Im Kraftraum bin ich neulich ein paar Spielern von Galatasaray begegnet, die dachten, ich hätte gar keine Lizenz und spiele deshalb nicht. Es ist schon herausfordernd, auch weil ich im Training viel am Rand stehe. Dort auf der linken Seite, das ist mein Platz, der gefällt mir.
Und da kommt noch so ein Deutscher … Akpinar betritt den Innenraum des Sinan Erdem Domes, gleich beginnt das Training von Galatasaray. Zuvor hatten die türkischsprachigen Spieler noch ein Players-only-Meeting.
Akpinar: Wenn das Haus brennt, muss das sein. (lacht)
Wie läuft es sportlich für dich, Izi?
Akpinar: Für mich persönlich ganz okay, ich kann zufrieden sein. Mit der Mannschaft noch so semi, wir haben mehr Potenzial. So wie die beiden Jungs hier. (lacht) Sehen wir uns eigentlich später beim Spiel von Besiktas gegen die Hamburg Towers?
Hollatz: Klar.
Pleiß: Vermutlich nicht. Ich bin mit Jan Zimmermann verabredet, einem deutschen Volleyballer, der für Galatasaray aufschlägt. Er spielt auf der asiatischen Seite.
Gibt es weitere deutsche Sportler in Istanbul?
Pleiß: Kimberly Drewniok, eine Volleyballerin, die für Sariyer Belediyesi Spor Kulübü am Schwarzen Meer spielt. Wir sind auch schon Freunde geworden.
Ihr habt inzwischen also eine richtige deutsche Enklave hier gebildet.
Akpinar: Wenn es unsere Spielpläne zulassen, sehen wir uns alle paar Wochen zum Essen. Es schweißt zusammen, wenn du in deiner Muttersprache sprechen kannst, dich niemand sonst versteht. Und wir können uns über die ganzen Insider-Gags der deutschen Basketballszene austauschen.
Pleiß: Vor allem in diesem Jahr hat das so richtig begonnen. Jan, Kimberly, vor Kurzem war eine Gruppe an Freunden hier – ich muss sagen, ich fühle mich hier gerade richtig heimisch.
Hollatz: Meinetwegen?
Pleiß: Nee, wegen der anderen.
Tibor meinte vorhin, deine Ankunft hätte die Lebensqualität verschlechtert. Seitdem ist sechs Stockwerke tiefer ständig Lärm.
Pleiß: Darf ich ihm die Story erzählen, wie das mit deiner Wohnung ist?
Hollatz: Dass du sie bezahlst.
Wie bitte?
Hollatz: Ja, ich hatte noch kein Gehalt auf dem Konto, als ich den Mietvertrag unterschreiben musste.
Pleiß: Ich zahle sogar fürs ganze Jahr, eigentlich gehört Justus mir, ich kann ihn jederzeit rauswerfen.
Hollatz: Andersherum. Ich habe Tibor eine Ansage gemacht, dass er meine Wohnung bezahlen muss, dann passe ich ihm auch mal den Ball.
Weltmeister-Bonus also.
Pleiß: Das auch, und er kann mich dafür Daddy nennen. Die Wohnung in der Lage ist ja zumindest ein Schnäppchen. (lacht)
Aber inzwischen ist dein Gehalt drauf, oder?
Hollatz: Ja, ich könnte eigentlich mal selbst bezahlen.
Pleiß: Tatsächlich vergessen wir ständig, das mal wieder geradezurücken. Aber ich vertraue dir. Mashallah, wie der Türke sagt.
Das ganze Interview mit Tibor Pleiß, Justus Hollatz und Ismet Akpinar bekommt ihr hier , in der aktuellen BIG-Interview-Ausgabe #135.