Das erste Ulmer Trikot unter dem Hallendach, die Tränen von Per und dann auch noch der schwäbische Classico. Ulm vs. Tübingen am Samstag ist ein Must-See!
Text: Martin Fünkele | Foto: Imago/Eibner
Es gibt Spiele, die musst du einfach gesehen haben. Das WM-Finale gegen Serbien war so eines, die Belgrad-Derbys in der EuroLeague gehören dazu oder jedes Spiel, in dem Ingo Freyer als Coach an der Seitenlinie steht. Kündigen sich Partien dieser Güteklasse an, ist ganz großes Kino vorprogrammiert. Das Blöde dabei: Ihr müsst euch rund zwei Stunden Zeit nehmen, denn die Auflösung des Dramas gibt es meist erst zum Schluss.
Am Samstag, wenn vor dem Schwabenderby zwischen Ulm und Tübingen das erste Trikot der Ulmer Vereinsgeschichte unters Arenadach gezogen wird, wird das anders sein. Eine der entscheidenden Frage klärt sich schon vor dem Tipoff, um circa 18.35 Uhr. Weint er, oder weint er nicht? Und wenn ja: Wie? „Nur mit den Augen, nicht mit dem Gesicht weinen“, das hat Per Günther sich für diesen Moment vorgenommen (BIG #135, Dezember 2023). 120 Sekunden wird Günther zu kämpfen haben – so lange soll es dauern, bis sein Trikot mit der Nummer 6 dort hängen wird, wo es schon lange hingehört. Zwischen 2008 und 2022 hat Günther 500 Spiele in der BBL gemacht – alle für einen Klub, alle für Ulm. Jetzt, gut eineinhalb Jahre nach seinem Karriereende, wird das Jersey einer der prägendsten Figuren der jüngeren deutschen Basketball-Geschichte endgültig aus dem Verkehr gezogen.
Damit erreicht die Beziehung zwischen Günther und ratiopharm ulm ihren Höhepunkt. Als 20-Jähriger war Günther nach Ulm angekommen, lief ungeplant als Starter in seinem ersten Bundesligaspiel auf und machte auch sonst alles mit, was die Ulmer damals umtrieb. Erst die Kuhberghallen-Jahre und der permanente Kampf um den Klassenerhalt, dann der Umzug in die neue Arena und die BBL-Finals 2012 und 2016. Die Entwicklung von Klub und Spieler ging lange Hand in Hand. Als das zwischenzeitlich nicht mehr so war – weil Günther in seiner besten Zeit eigentlich zu gut für Ulm war, an seinem Karriereende verletzungsbedingt indes zu schwach – trennte man sich dennoch nicht.
Das ist ein Grund, warum die Günther-Ulm-Story so spannend ist. Ein anderer: Die Amplituden zwischen denen dieser Typ pendelte. Da waren die Wahnsinns-Spiele, als Günther 2016 im Halbfinale gegen Frankfurt jeden noch so verrückten Dreier traf, und da waren die Auftritte bei einem Charity-Dinner, als er mit blankem Po und lediglich mit einer Schürze bekleidet die Gäste bediente. An Momente wie diese werden sich die 6000 Menschen in der ausverkauften ratiopharm arena und die Zuschauer bei Dyn (live ab 18.15 Uhr) erinnern.
Und dass dann obendrauf noch das Derby zwischen Ulm und Tübingen kommt, das Günthers frühe Schaffensphase so sehr prägte wie später seine Auftritte abseits des Basketballfeldes, ist ein weiterer Grund, diese Partie auf keinen Fall zu verpassen. Und wer das Glück hat, an diesem denkwürdigen Abend in Ulm zu sein, sollte sich unbedingt eines der 500 Günther-Shirts sichern. Nicht weil die so hübsch sind – sie sind solide – sondern weil mit dem Erlös der Aktion zwei Institutionen gefördert werden, für die sich Günther immer stark gemacht hat: zum einen Basketball Aid, das sich für krebskranke Kinder einsetzt, zum anderen OrangeZoneCares, das Ulmer Charity-Projekt, für das Günther halbnackt bediente und das sich um Inklusion kümmert. Um es kurz zu machen: Wer dieses Spektakel am Samstag verpasst, ist selbst schuld.
Wie Per Günther sich auf Samstag vorbereitet, hört ihr in der aktuellen Podcast-Folge von BIG Postgame. Und wie die Ulmer Klublegende seine letzte Saison als Spieler erlebte, könnt ihr in BIG #117 nachlesen.